Peter Müller konzipiert seine Arbeiten als skelettartig, offene Raumlineaturen, die sich vor allem über ihre imaginäre Bewegung artikulieren. Der Blick des Betrachters folgt den Liniengebilden und Formen, die sich teils behutsam, teils abrupt und energisch in verschieden Richtungen entwickeln. Einige Skulpturen scheinen bedächtig reflektiert um einen Gravitationskern zu kreisen, andere wenden sich expressiv in alle Richtungen des Raumes gleichzeitig und greifen den Betrachter förmlich an. Der Künstler bringt das Material hierbei bis an seine Belastungsgrenze. Durch die Konzentration und Austarierung der Bewegungsenergien gelingt es die Arbeiten in einen Zustand der inneren Anspannung zu versetzen, wobei es teilweise erscheint als seien die Gesetze der Statik außer Kraft gesetzt. Die Fragilität und Dynamik der Skulpturen behauptet sich vehement gegen die Schwerkraft.
Die Zeit als Komponente des Wahrnehmungsprozesses spielt hierbei eine entscheidende Rolle. Die Skulpturen zwingen den Betrachter in eine Umlaufbahn und fordern ihn auf sich ihre Präsenz langsam zu erschließen. In seinen neueren Arbeiten wagt Peter Müller den Schritt, die Zeit als symbolische Dimension in die Oberfläche der Skulpturen einzuarbeiten. Er beschichtet die Skulpturen mit historisch anmutenden Ölgemälde, die durch eigene Malereien ergänzt werden. Die Oberfläche wird nun zum "Bildträger" und stellt Bezugspunkte zu einer künstlerischen Auseinandersetzung mit der Vergangenheit her. Kunst erscheint hier als evolutionärer Prozess, in dem Vergangenes aufgegriffen und modifiziert wird.
Falko Bürschinger